Die Phosphatvorkommen in Marokko und der besetzten Westsahara gehören zu den grössten der Welt. Der Rohstoff spielt eine beachtliche Rolle im vergessenen Konflikt um die letzte Kolonie in Afrika. Ein aktueller Bericht beleuchtet Abbau und Handel des Phosphatgesteins, das zur Produktion von Düngemitteln gebraucht wird – ein Geschäft mit Schweizer Beteiligung.
In einem nicht-selbstregierten Gebiet wie der von Marokko besetzten Westsahara, ist der Abbau von Ressourcen laut internationalem Recht nur erlaubt, wenn das betroffene Volk sein Einverständnis gibt. Das Geschäft in der Westsahara ist also nicht nur ein ethisches, sondern auch ein rechtliches Problem.
Im Falle des Phosphats wird das Problem dadurch verstärkt, dass sowohl der Abbau als auch der Handel mit dem Rohstoff von der staatlichen marokkanischen Firma OCP abgewickelt wird. Die Erträge aus dem Phosphatabbau und -handel kommen also direkt der Besatzungsmacht zugute. Western Sahara Resource Watch (WSRW) schätzen in ihrem aktuellen Bericht «P for Plunder» den Ertrag für das Jahr 2021 auf 349 Millionen US-Dollar.
Auch Schweizer Firmen sind in das schmutzige Geschäft mit dem Phosphat involviert. Die staatlich-marokkanische Rohstoffhandelsfirma OCP betreibt unter dem Namen Saftco ein Büro in Genf. Und die in Zug ansässige EuroChem exportierte den Rohstoff nach Estland. Hauptaktionär der Firma war bis vor kurzem der sanktionierte Oligarch Andrey Melnitschenko. Schweizer Schiffsfirmen waren zudem in Transporte involviert.
Wieder Konfliktphosphat in Europa
Das Westsahara-Phosphat stammt aus der Bou Craa Mine. Wie schon im Jahr zuvor ging 2021 der grösste Teil des Phosphatgesteins, rund 40 Prozent, an die Firma Paradeep nach Indien – einer 80-prozentigen Tochterfirma von OCP selbst. Zweitgrösste Abnehmerin war die US-Firma Innophos, die 28 Prozent des gesamten Phosphatgesteins nach Mexiko importierte.
Besonders störend ist jedoch der von der Schweizer EuroChem getätigte Import des Konfliktphosphates nach Estland im Oktober 2021. Die Firma hatte schon früher Westsahara-Phosphat importiert, nach Kritik kommunizierte die Firma jedoch 2016, künftig davon abzusehen. Eine Aussage, die sie mehrfach bestätigte.
EuroChem sagte gegenüber WSRW zuletzt im Februar 2020, keine weiteren Pläne zum Import des Konfliktminerals zu haben. terre des hommes schweiz gegenüber wollte sich die Firma nicht zum konkreten Sachverhalt des Transports nach Estland 2021 äussern.
Schiffsfirmen beteiligt
Auch eine Schweizer Schiffstransportfirma war in den Handel mit Westsahara-Phosphat involviert.
Einer der Innophos-Transporte nach Mexiko erfolgte auf der «Genava» im September 2021. Die «Genava» ist bei der Reederei Zürich AG gelistet und befindet sich laut deren Angaben in Besitz der Bulk Shipping Switzerland AG. Die Reederei Zürich AG reagierte nicht auf Anfragen von terre des hommes schweiz.
Unrecht in dritter Generation
Laut verschiedenen Aussagen von OCP ist ein wesentlicher Teil des Phosphatvorkommens in der Bou Craa Mine bereits ausgeschöpft. Dies ist besonders frustrierend für die Sahrauis, die seit 1991 darauf warten, ihr Recht auf Selbstbestimmung und auf die Verwendung der eigenen Ressourcen ausüben zu dürfen.
Das damals versprochene Referendum wird seither von Marokko, das zwei Drittel der ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara seit 1975 besetzt hält, blockiert. Einen Rückschlag erlitten die Sahrauis auch Ende März, als Spanien von der UNO-Position abwich, und statt dem 1991 vereinbarten Referendum den 2007 von Marokko vorgeschlagenen Autonomieplan guthiess.
Dies ist besonders schwer zu ertragen für die jungen Sahrauis, die nun in der dritten Generation im besetzten Gebiet oder in den Flüchtlingslagern auf algerischem Boden heranwachsen. terre des hommes schweiz unterstützt ein Projekt für junge Sahrauis im Flüchtlingslager Smara