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Junge Menschen machen ein Selfie

Jugendliche trotzen dem Klimawandel

Mit den globalen Klimastreiks steht der Klimawandel weltweit ins Zentrum der Aufmerksamkeit. In Brasilien sind seine Folgen schon seit langem spürbar: Zunehmende Trockenheit, degradierte Böden und eine verfehlte Land- und Umweltpolitik gefährden die Umwelt und damit auch die kleinbäuerliche Landwirtschaft. Auf der Suche nach neuen Einkommenschancen wandern viele Jugendliche ab. Mit unserer Partnerorganisation Centro Sabiá bieten wir Jugendlichen wie Gildo Jose und Gabriel Venâncio Alternativen dazu. Sie berichten, wie sie die aktuelle Situation in Brasilien erleben.

Der brennende Amazonas und die globalen Klimastreiks haben diesen Herbst weltweit auf den Klimawandel aufmerksam gemacht. Tatsächlich zeigen sich in Brasilien schon seit Jahren die Folgen einer verfehlten Land- und Umweltpolitik. Extensive Monokulturen laugen die Böden aus, die Abholzung der Regenwälder treibt die Trockenheit voran. Das Überleben wird für Kleinbauern, die nach alterlernter Methode landwirtschaften, immer schwieriger. Dies treibt viele kleinbäuerliche Jugendliche auf der Suche nach einer Lebensgrundlage vom Land in die Städte oder auf Grossplantagen – wo sie oft in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse oder Kriminalität geraten.

Mit unserer Partnerorganisationen erarbeiten wir Gegenmodelle, mit denen sie sich alternative Zukunftsperspektiven aufbauen können. So erlernen beispielsweise Jugendliche wie Gildo Jose (mit oranger Kappe) und Gabriel Venâncio (ganz rechts im Bild)  bei unserer Partnerorganisation Centro Sabiá visionäre Agroforstmethoden für die kleinbäuerliche Landwirtschaft und erschaffen sich so eine umweltgerechte und wirtschaftliche Alternative zur Abwanderung. Die beiden jungen Landwirte sind bei Centro Sabiá auch politisch aktiv und geben ihre Erfahrungen an andere Jugendliche weiter. Sie berichten uns im Interview, wie sie die aktuelle Situation in Brasilien erleben.

 

Wann habt ihr das letzte Mal gesundes ungespritztes Gemüse gegessen?

Gildo Jose: Heute, es stammte aus meinem eigenen Garten

Gabriel Venâncio: Wir bauen unser Gemüse mit unseren Familien selber an. Dafür benutzen wir weder Agraggifte noch irgendwelche anderen chemischen Zusätze. Wir produzieren im ökologischen Anbayu, biologisch mit ursprünglichem, traditionellem Saatgut.

 

Den ökologischen Anbau habt ihr bei Centro Sabiá gelernt. Warum war euch das wichtig?

Gabriel Venâncio: Centro Sabiá berät meine Familie seit langem zur ökologischen Landwirtschaft. Dadurch haben wir erkannt, wie wichtig es ist gesunde Nahrungsmittel zu konsumieren. Wir wollen so gesund wie möglich leben. Was wir essen, das macht uns aus.

Gildo Jose: Bei Centro Sabiá habe ich gelernt, die Erde, das Wasser und die Bäume zu schützen. Dadurch habe ich auch einen neuen Blick für das Leben bekommen. Das will ich gerne weitergeben, damit mehr Menschen lernen in Harmonie mit unserem Planeten zu leben.

 

Ihr betreibt mit euren Familien kleinbäuerliche Landwirtschaft. Das ist ein hartes Leben und hart verdientes Brot. Was hält euch dabei?

Gabriel Venâncio: Ich ging vor ein paar Jahren in die Stadt, um zu arbeiten und Geld zu verdienen. Dabei habe ich gemerkt, dass das für mich nichts ist. Die ökologische Landwirtschaft ist für mich nicht nur eine Produktionsmethode. Sie ist eine Lebensweise, die Früchte trägt und Befriedigung bringt.

Gildo Jose: Es ist gut, dass wir uns mit der ökologischen Landwirtschaft gut und gesund ernähren können. Vor allem sichert sie uns ein Einkommen vom eigenen Land, so dass wir nicht weggehen müssen. Es ist grossartig einen grossen Gemüsegarten und einen Wald mit Vögeln und Tieren direkt hinter dem Haus zu haben.

 

Mit den Bränden im Amazonas und den Fridays for Future ist der Klimawandel weltweit zum Diskussionsthema geworden. Spürt man diesen in eurer Region?

Gildo Jose: Ja, sogar deutlich. Es gibt viel weniger Regen. Und wenn es regnet, dann sind es katastrophale Regengüsse. Zudem sind die Temperaturen extremer geworden und wir haben oft Stürme, wie es sie früher nicht gab. Einige Gebiete verwüsten fortschreitend und die ursprünglichen Wasserspeicher trocknen aus. Trotzdem machen die Leute mit ihren zerstörerischen Praktiken weiter. Indem wir nach den agroökologischen Methoden anbauen, die wir bei Centro Sabiá erlernt haben, schaffen wir es aber viel besser über die Runden zu kommen.

Gabriel Venâncio: Das wir keine Umweltstabilitiät mehr haben, hat aber auch einen direkten Einfluss auf unsere Produktion.

 

Wie schätzt Ihr denn die aktuelle Umweltpolitik Brasiliens ein?

Gabriel Venâncio: Auf der einen Seite arbeiten wir für den Umweltschutz und zum Erhalt dessen, was wir haben. Auf der anderen Seite macht diese Regierung alle unsere Hoffnungen zunichte. Sie verfolgt ausschliesslich die Interessen der Grossgrundbesitzer und Agroindustrie, die sehr viele Agrargifte einsetzen und die für den Export in grossem Stil Monokultur und Viehzucht betreibt. Aber ich bin überzeugt, wir können das ändern, wenn wir Kleinbauern für unsere Landwirtschaft kämpfen und nicht aufgeben.

 

Angesichts dieser Realität, hat die kleinbäuerliche Landwirtschaft überhaupt eine Zukunft?

Gildo Jose: Derzeit wird die brasilianische Bevölkerung zu 70 Prozent von der kleinbäuerlichen Landwirtschaft ernährt. Die ökologische Landwirtschaft ernährt 10 Prozent. Um sie zu stärken bräuchten wir viel mehr Personen, Politiker, Geister, die an das Allgemeinwohl denken.

Gabriel Venâncio: Wir Kleinbauern sind ohne Rückhalt in der Regierung und Gesellschaft in Bedrängnis und haben kaum Handlungsspieleraum. Doch wir stützen uns gegenseitig, wie zum Beispiel durch die Arbeit mit Centro Sabiá. Ich habe die Vision eines Brasiliens, in der wir unseren Platz haben und respektiert werden. Ich glaube, dass die Bedeutung der ökologisch produzierenden Kleinbauern zunimmt. In Brasilien stehen wir Kleinbauern im Zentrum einer neuen Ernährung. Dafür gibt es verschiedene Anzeichen.

Die Bevölkerung beginnt sich bewusster zu ernähren und die Nachfrage nach ökologischen ohne Agrargifte erzeugten Produkten wächst. Wenn in Zukunft alle auf Agrargifte verzichten müssen, dann spielen wir eine wichtige Rolle, denn wir wissen ja schon wie man nachhaltig und umweltschonend produziert.

 

Wie sehen die aus?

Gabriel Venâncio: Die Bevölkerung beginnt sich bewusster zu ernähren und die Nachfrage nach ökologischen ohne Agrargifte erzeugten Produkten wächst. Wenn in Zukunft alle auf Agrargifte verzichten müssen, dann spielen wir eine wichtige Rolle, denn wir wissen ja schon wie man nachhaltig und umweltschonend produziert. Wenn die Leute in unseren Exportländern zudem für ihren eigenen Bedarf selbst anbauen oder auf den regionalen Anbau setzen würden, dann würden unsere Exporte und damit die Grossproduktion für den Export sicher langsam zurückgehen. Diese Exporte wären zwar trotzdem noch nötig, da nicht alles lokal produziert werden kann. Aber die Ausbeutung Brasiliens, wie wir sie heute kennen, würde aufhören.

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