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Polizeigewalt in Brasilien «verheerend» ‒ Stopp Schweizer Waffenexporte

Medienmitteilung – Bei Polizei-Einsätzen in Brasilien werden Waffen aus Deutschland und der Schweiz eingesetzt. Dabei kommt es häufig zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen an Kindern und Jugendlichen. Eine unabhängige Studie von terre des hommes schweiz und terre des hommes Deutschland geht sieben exemplarischen Fällen von tödlicher Waffengewalt auf den Grund und deckt gravierende Mängel bei der Kontrolle von staatlichen Waffenbeständen in Brasilien auf. Gemeinsam mit dem brasilianischen Instituto Sou da Paz fordern die beiden terre des hommes-Organisationen einen sofortigen Stopp der Kriegsmaterialausfuhr nach Brasilien.

Die Polizeigewalt in Brasilien (Bild Bruno Itan) hat dramatische Ausmasse angenommen. Das belegt eine unabhängige Studie von terre des hommes schweiz und terre des hommes Deutschland. Die Studie ist in Zusammenarbeit mit dem Instituto Sou da Paz in Brasilien erarbeitet worden und enthält Handlungsempfehlungen für Wirtschaft und Politik.

Viele der Opfer sind Kinder und Jugendliche aus Favelas, städtischen Armenvierteln. «Die meisten sind männlich, schwarz und arm», sagt Andrea Zellhuber, Expertin für Gewaltprävention bei terre des hommes schweiz, anlässlich der Online-Medienkonferenz am 1. Juni 2021. Die Studie mit dem Titel «Hört auf uns zu töten!» belegt anhand von sieben Fallbeispielen und der Auswertung von zum Teil unveröffentlichten Daten: Die Pistolen, Gewehre, Panzerfahrzeuge und Hubschrauber, die bei Polizei- und Militär-Aktionen in Brasilien eingesetzt werden, stammen oft aus deutscher oder Schweizer Herstellung.

Die Anzahl Todesopfer bei Waffengewalt durch Sicherheitskräfte in Brasilien nimmt seit 2013 kontinuierlich zu. Ein Viertel der 2019 getöteten Menschen war unter 19 Jahre alt. «Jeden Tag sterben in Brasilien vier Kinder und Jugendliche durch die Polizei», sagt Andrea Zellhuber.

«Wie es die Korrektur-Initiative verlangt»

terre des hommes schweiz und terre des hommes Deutschland fordern einen sofortigen Exportstopp sämtlicher Rüstungsgüter nach Brasilien angesichts der kriegsähnlichen Zustände in bestimmten Stadtvierteln und der gravierenden Menschenrechtsverletzungen.

«Rüstungsexporte nach Brasilien müssen sofort komplett gestoppt werden – so wie es das EU-Recht für Länder mit schweren Menschenrechtsverletzungen und bewaffneten Konflikten vorschreibt», sagt Ralf Willinger, Kinderrechtsexperte bei terre des hommes Deutschland. «Die Schweiz exportiert nach wie vor Waffen nach Brasilien, obwohl die Menschenrechtslage dort verheerend ist», sagt Andrea Zellhuber von terre des hommes schweiz.

Schweizer Rüstungsfirmen lieferten im letzten Jahr Kriegsmaterial im Wert von über 30 Millionen Schweizer Franken nach Brasilien. Damit rangiert das südamerikanische Land auf Platz 8 der Empfängerländer von Schweizer Waffenexporten. «Das Beispiel Brasilien zeigt deutlich: Es braucht dringend strengere Regeln für die Kriegsmaterialausfuhr, wie es die Korrektur-Initiative verlangt», sagt Andrea Zellhuber von terre des hommes schweiz.

Die Schweizer Entwicklungsorganisation ist Mitglied der Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer, die die Korrektur-Initiative lanciert hat. Das Geschäft wird voraussichtlich am 3. Juni im Ständerat behandelt.

Ungenügende Kontrolle staatlicher Waffenbestände in Brasilien

«Die Studie belegt, dass Brasilien nicht willens oder in der Lage ist, seine staatlichen Waffenbestände zu kontrollieren. Es kommt zur Veruntreuung, und eine grosse Zahl von Waffen und Munition verschwindet aus den offiziellen Beständen, darunter viele europäische Fabrikate», erklärt Andrea Zellhuber von terre des hommes schweiz. «Viele dieser Waffen und Munition werden dann für Verbrechen und Massaker verwendet.» Die Straflosigkeit bei Gewaltverbrechen sei in Brasilien allgemein schon sehr hoch, sagt sie: «Extrem hoch ist sie bei Gewalttaten von Polizei und Militär.»

Andrea Zellhuber von terre des hommes schweiz sagt: «Wir fordern die Regierungen und Behörden in Deutschland und der Schweiz auf, diese Missstände gegenüber brasilianischen staatlichen Stellen zur Sprache zu bringen und auf einen Stopp von Menschenrechtsverletzungen zu drängen.»

«Kinder und Jugendliche aus unseren Projekten haben Angst»

Auch Mitarbeitende und Mitwirkende in terre des hommes-Projekten in Brasilien sind gefährdet. «Kinder und Jugendliche aus unseren Projekten in São Paulo und im Nordosten von Brasilien haben Angst vor der Polizei. Immer wieder kommt es zu Misshandlungen oder Tötungen durch die Sicherheitskräfte, oft nur wegen ihres Alters, ihres Wohnorts oder ihrer Hautfarbe», sagt Bruna Leite, Länderkoordinatorin von terre des hommes in Brasilien. «Manche müssen ihr Wohnquartier verlassen, weil sie bedroht werden und nicht mehr sicher sind.»

Über uns

terre des hommes schweiz, zusammen mit Terre des hommes Suisse, und terre des hommes Deutschland fördern in Brasilien zusammen 18 Projekte für Kinder und Jugendliche und deren Familien. Schwerpunkte in der Projekt- und Kampagnenarbeit sind die Themen Gewaltprävention und Förderung einer Kultur des Friedens, sowie Kindesschutz, Partizipation und Bildung.

terre des hommes schweiz stärkt Jugendliche in Afrika, Lateinamerika und der Schweiz. Gemeinsam mit ihnen bekämpfen wir Armut, Gewalt und Diskriminierung und setzen uns für die Rechte von Kindern und Jugendlichen und gerechte Nord-Süd-Beziehungen ein.

Links

Studie «Hört auf uns zu töten! – Polizeigewalt gegen Kinder und Jugendliche und Waffenhandel»:
https://www.terredeshommesschweiz.ch/waffenexport-studie-21
Kampagne gegen Waffengewalt in Brasilien und Waffenhandel: https://www.terredeshommesschweiz.ch/waffen

Auskunft

Andrea Zellhuber, Themenverantwortliche Gewaltprävention
Franziska Lauper, Geschäftsleiterin terre des hommes schweiz
Medienkontakt: anna.wegelin@terredeshommes.ch

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