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USAID-Zahlungsstopp gefährdet Menschenleben

In vielen Ländern steht die Zivilgesellschaft vor enormen Herausforderungen, seit die USA ihre Zahlungen eingefroren hat. terre des hommes schweiz reagiert deshalb mit Soforthilfe für Partnerorganisationen.  

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Prävention in Gefahr: Ohne finanzielle Unterstützung stehen wichtige Beratungsangebote für junge Menschen im südlichen Afrika auf dem Spiel. Foto: Hafid Derbal

Der abrupte Stillstand der Entwicklungsbehörde USAID, den die US-Regierung angeordnet hat, gefährdet Menschenleben rund um den Globus. Die USA waren bis anhin der grösste Geldgeber in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Nothilfe. Der Entscheid von Ende Januar, diese Gelder für drei Monate einzufrieren, stellt die Zivilgesellschaft weltweit vor grösste Unsicherheit. Unzählige Organisationen, die notwendige Arbeit für die lokale Bevölkerung leisten – etwa in Spitälern, Schulen und Armenvierteln – bricht entscheidende Finanzierung weg. Sie müssen ihre Hilfe aussetzen, Mitarbeitende entlassen, andere Mittel finden. Doch die Folgen des Zahlungsstopps reichen noch weiter: In vielen Ländern des Globalen Südens ist die Sicherheit, Stabilität und Gesundheitsversorgung akut bedroht. Das zeigt auch der Blick in Programmländer von terre des hommes schweiz.  

Kolumbien: Friedensprozess gefährdet 

Erst zurückgekehrt von einem Partnertreffen in Kolumbien berichtet Fabiana Kuriki, Programmkoordinatorin für Kolumbien bei terre des hommes schweiz: «In Kolumbien steht durch das Wegfallen der USAID-Finanzierung der Friedensprozess auf dem Spiel. 70% der gesamten internationalen humanitären Hilfe im Land stammen von USAID. Ohne diese Gelder ist die Gefahr gross, dass bewaffnete Akteure genau diesen Stillstand nutzen, um ihren Einfluss zu vergrössern.» Der Friedensprozess ist in einer kritischen Phase, im vergangenen Herbst kam es wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Unsere lokalen Partnerorganisationen sind zutiefst besorgt, dass sich die Gewaltspirale im ganzen Land weiterdrehen könnte. Zudem kann ein so kurzfristiger Zahlungsstopp einen unwiederbringlichen Vertrauensverlust in Gemeinschaften zur Folge haben, in denen die Projekte umgesetzt werden. 

Auch im benachbarten Zentralamerika sind Länder wie El Salvador, Honduras und Guatemala zum grossen Teil abhängig von US-amerikanischen Hilfsgeldern. Sie sind mit Herausforderungen hinsichtlich Migration, organisiertem Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen konfrontiert. Wenn die Gelder wegfallen, sind auch dort Destabilisierung und soziale Spannungen sehr wahrscheinlich.  

Simbabwe/Südafrika: HIV-Betroffene im Stich gelassen 

Drastische Folgen hat der Ausgabestopp auch auf die Gesundheitssysteme im südlichen Afrika. In vielen Regionen ist die Situation in Bezug auf HIV/Aids, Frühschwangerschaften und geschlechtsspezifische Gewalt prekär. Organisationen, die wichtige medizinische und psychologische Unterstützung bieten und sich in der Prävention engagieren, sind besonders stark vom Zahlungsstopp betroffen. Zum Beispiel in Südafrika, das eine der höchsten HIV-Infektionsraten weltweit hat. Tayson Mudarikiri, als Co-Programmkoordinator für das südliche Afrika zuständig, sagt: «Fast die Hälfte unserer Partner erhält direkte Finanzierung von USAID, in den meisten Fällen deckt diese einen wesentlichen Teil ihrer Betriebskosten ab. Wird dieses Geld plötzlich entzogen, gefährdet das ernsthaft die gesamten Organisationen und ihre Programme.» 

In den letzten zwanzig Jahren lag ein Fokus von USAID auf der Bekämpfung von HIV/Aids. In Simbabwe und Südafrika verbesserte sich dadurch massgeblich der Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten. Ein Grossteil der Strukturen des Gesundheitssystems sind von US-Geldern abhängig – den Wegfall der Gelder aufzufangen, ist nicht realistisch. Dies gilt beispielsweise auch für Kliniken, mit denen Partnerorganisationen von terre des hommes schweiz eng zusammenarbeiten. In diesen Kliniken können betroffene Jugendliche aus den Projekten kostenlos ihre Medikamente abholen. Fällt dieser Zugang weg, gefährdet dies ganz unmittelbar das Leben dieser jungen Menschen.   

Soforthilfe für die lokale Zivilgesellschaft 

Das vollständige Ausmass dieser verantwortungslosen Politik lässt sich zum derzeitigen Zeitpunkt nur erahnen. Klar ist: Dieser Entscheid ist eine Zäsur in der internationalen Zusammenarbeit weltweit. In vielen unserer Programmländer bedeutet das kurzfristige Wegfallen der Unterstützung eine existentielle Bedrohung für das Fortbestehen der Zivilgesellschaft. Gerade kleinere Organisationen haben meist keine ausreichenden finanziellen Reserven, um den Wegfall zu kompensieren. terre des hommes schweiz hat seit Jahren die Stärkung der Zivilgesellschaft als einen strategischen Schwerpunkt definiert. Eine starke und diverse Zivilgesellschaft ist Voraussetzung für eine stabile und lebendige Demokratie.  

Deshalb leistet terre des hommes schweiz Soforthilfe für Partnerorganisationen, die aufgrund der Kürzung der USAID-Gelder nicht mehr für Betriebskosten oder Personalkosten aufkommen können. «Eine unbürokratische und flexible Unterstützung ist angesichts der dramatischen Herausforderungen das Gebot der Stunde. Selbstverständlich können wir angesichts der drastischen Entwicklungen nur einen kleinen Beitrag leisten. Doch ist es ein wichtiges Signal, dass sich andere internationale Geber solidarisch zeigen mit von den Kürzungen betroffenen Organisationen», betont Franziska Lauper, Geschäftsleiterin von terre des hommes schweiz. Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen werden wir nun prüfen, wie wir die negativen Folgen abfedern können. Wichtig ist aber auch, dass wir uns als Schweizer Bevölkerung darüber klar werden, welche Rolle wir als Schweiz und Europa in der Welt einnehmen möchten und für welche Werte wir uns einsetzen. Eine starke internationale Zivilgesellschaft ist nun dringender denn je. 

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