Bei den hohen Wogen um den Niedergang der Credit Suisse gehen in der hiesigen Berichterstattung die Auswirkungen auf Länder des globalen Südens häufig unter. Alliance Sud macht in einem Artikel dazu eine wichtige Einordnung der Folgen der Bankenskandale.
Bereits seit 2017 beschäftigt sich terre des hommes schweiz zusammen mit anderen Schweizer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit den illegalen Machenschaften von Credit Suisse in Mosambik. Illegale Kredite stürzten Mosambik 2016 in eine bis heute andauernde Finanzkrise. Aus diesem Anlass lancierte terre des hommes schweiz mit mehreren NGO’s im Jahr 2019 eine Petition (siehe auch Humanitäre Krise in Mosambik: NGOs rufen Credit Suisse zu Schuldenerlass auf | terre des hommes schweiz). Auch Alliance Sud berichtete über den Kreditskandal.
Geld an dubiose Unternehmen
Seinen Anfang nahm der Finanzskandal im Jahr 2013. Innert zwei Jahren schloss Mosambik staatlich garantierte Kredite in Gesamthöhe von zwei Milliarden Dollar ab, die Hälfte der Summe hatte die CS vermittelt. Mit dem Geld sollten ein Küstenüberwachungssystem, der Bau von Werften und eine Thunfischflotte finanziert werden. Das Geschäft wurde am Parlament und an der Nationalbank von Mosambik vorbeigeschleust und das Geld ging an drei dubiose halbstaatliche Unternehmen. Die Boote waren überteuert und rosten bis heute ungenutzt im Hafen von Maputo vor sich hin. Und ein Teil des Geldes verschwand in dunklen Kanälen.
Als Anfang 2016 erste Details des obskuren Geschäfts ans Licht kamen, zogen sich verschiedene ausländische Geber, einschliesslich des Internationalen Währungsfonds, aus Mosambik zurück. 2017 gab die Regierung in Maputo bekannt, die Schulden nicht mehr bedienen zu können – das Land musste zeitweise seine Zahlungsunfähigkeit erklären.
Die sozialen Folgen dieser Schuldenkrise waren fatal: staatliche Ausgaben wurden um rund die Hälfte gekürzt. Der Grossteil der Kürzung betraf den Bildungs- und Gesundheitssektor, wie eine 2021 erschienene Studie von Forschungsinstituten aus Norwegen und Mosambik ausführlich belegt. In der Folge der staatlichen Finanzkrise rutschten zwischen 2016 und 2019 gemäss der Studie rund 1,9 Millionen Menschen in die Armut ab. Die Leittragenden der verantwortungslosen und kriminellen Machenschaften der Banken sind die ärmsten der Armen.
Auf Finanzkatastrophe folgt erneut Naturkatastrophe
Mosambik ist eines der ärmsten Länder der Welt, 2020 lebten fast 64 % seiner Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Es zählt zudem weltweit zu den Ländern, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Die Tropenstürme an der Ostküste des Landes werden immer zerstörerischer und häufiger. Der Wirbelsturm «Idai» verursachte 2019 eine humanitäre Katastrophe mit verheerenden Überschwemmungen, von der mehr als zwei Millionen Menschen betroffen waren. Auch dieses Jahr wiederholt sich ein ähnliches Szenario. In den letzten Wochen wurden mehr als 160’000 Menschen durch den Zyklon «Freddy» vertrieben, insgesamt sind rund 1,4 Millionen Menschen von den Sturmschäden betroffen. Die Zerstörungen verschärfen die Gesundheitskrise in der Region, da sich Cholera, Malaria und Covid-19 dadurch noch stärker ausbreiten.
Das krisengeschüttelte Land wird sich lange nicht von der von Credit Suisse mitverursachten Schuldenkrise erholen. Zwar wurde die Bank 2021 zu Strafzahlungen von 475 Millionen Dollar und Schuldenerlass für Mosambik in Höhe von 200 Millionen US-Dollar verurteilt. Doch wird das die gravierenden Auswirkungen der langjährigen Finanzkrise des Landes nicht rückgängig machen können.
CS weiterhin unter Anklage
Weitere Gerichtsprozesse sind noch hängig. Konkret handelt es sich um eine Klage von Gläubigern gegen die Credit Suisse am Londoner High Court, deren Verhandlung für September 2023 anberaumt wurde. Wie die Garantien des Bundes für die UBS bei allfälligen Strafzahlungen zur Anwendung kommen, wird sich zeigen.
Autorin: Andrea Zellhuber, Entwicklungspolitik und Themenverantwortung Friedenskultur