Eine neue Studie der WHO zeigt: Gegen Frauen wird weltweit sehr viel häufiger sexuelle und andere körperliche Gewalt angewendet als bislang vermutet. Mindestens jede dritte Frau hat bereits Gewalt erlitten. Die Frauen von El Salvador sind davon besonders betroffen. Dort leistet die Partnerorganisation Las Melidas einen mutigen Einsatz für die Rechte und den Schutz von Mädchen und Frauen.
Andrea Zellhuber, Themenverantwortliche Gewaltprävention und Konflikttransformation
Jeden Tag wird in El Salvador mindestens eine Frau umgebracht. Von 2001 bis 2010 wurden dort 3624 Frauen ermordet, stellt die Ombudsstelle zur Verteidigung der Menschenrechte fest. Strafrechtlich verfolgt wurden aber nur 22 dieser Fälle. In diesem Umfeld engagiert sich die Organisation Las Melidas, unterstützt durch terre des hommes schweiz, landesweit für die Verbesserung der Lebensbedingungen und die Rechte von Mädchen und jungen Frauen. Wie dringlich dieser Einsatz und deren Unterstützung ist, zeigt folgende Tatsache: 2009 bis 2011 war El Salvador laut WHO das Land mit der weltweit höchsten Rate an Frauenmorden.
Die Angst der Betroffenen
Gerade in Bezug auf die Straflosigkeit besteht in El Salvador noch dringender Handlungsbedarf. “Die meisten Frauen haben Angst Anzeige zu erstatten”, sagt Maria Delia Cornejo, Programmkoordinatorin bei Las Melidas. Die Erfahrungen der Mitarbeiterinnen der Partnerorganisation von terre des hommes schweiz decken sich mit den Feststellungen, welche die WHO dieses Jahr in einem neuen Bericht über Gewalt gegen Frauen veröffentlicht hat: Der überwiegende Teil der Täter kommt aus dem Familienumfeld.
Es sind vor allem die Väter, Onkel oder Brüder, die den Mädchen und Frauen Gewalt zufügen. Von den 136 Fällen, die in den letzten Jahren bei Las Melidas landeten, waren bei 75 häusliche Gewalt im Spiel. “Viele werden durch Familienangehörige bedroht, damit sie nicht zur Polizei gehen. Oder sie haben Angst davor, dass man sie nicht ernst nimmt und ihre Klage nicht weiterverfolgt wird”, erfährt Maria Delia Cornejo immer wieder.
Gesetzte sind vorhanden
Rechtliche Möglichkeiten zur Strafverfolgung im Bereich Gewalt gegen Frauen bestehen zwar, sie werden aber insgesamt noch viel zu wenig genutzt. El Salvador verfügt über neue Gesetze zum Schutz der Frauen vor Gewalt: das Gesetz zur Gleichberechtigung und Beseitigung der Diskriminierung von Frauen sowie das 2012 in Kraft getretene Sondergesetz für gewaltfreies Leben von Frauen.
für die Umsetzung fehlt der politische Wille
Es fehlt am politischen Willen für eine effektive Umsetzung der neuen Gesetze zu sorgen”, stellt die Programmkoordinatorin fest, “Die Staatsanwaltschaft hat bisher nur drei der von uns eingereichten Fälle von Frauenmorden verfolgt. Das ist lächerlich angesichts der grossen Zahl der Fälle.” Tatsächlich gibt es von Seiten der staatlichen Institutionen auch viel zu wenig Anstrengungen, Mädchen und Frauen auf die rechtlichen Möglichkeiten der neuen Gesetzeslage aufmerksam zu machen.
Gemeinsam die Stimme erheben
Las Melidas ermutigen Mädchen und Frauen im Alter von 14 bis 24 Jahren sich zu organisieren und sich lokalen Jugendgruppen anzuschliessen, in denen sie sich gegenseitig stärken und gemeinsam für ihre Rechte und gegen die Gewalt und Diskriminierung aktiv werden können. Ausserdem bildet Las Melidas jedes Jahr 100 Jugendliche unter anderem in den Themen Selbstbestimmung und Frauenrechte aus, die ihr Wissen ihrerseits in den lokalen Jugendgruppen weitergeben.
Zu rechtlichen Schritten ermutigen
In der Gruppe fühlen sich die Mädchen sicherer, sodass sie es zum Beispiel wagen, von den lokalen Behörden Massnahmen für ihren Schutz zu verlangen. Sie fordern, dass auf der Strasse Sicherheitsleute unterwegs sind und dass Täter von sexuellen Übergriffen strafrechtlich verfolgt und bestraft werden. “Das Wichtige ist, das Schweigen zu brechen, die Angst vor Klagen zu überwinden”, sagt Rosa Maria Arias von Las Melidas. “Wenn wir die rechtlichen Möglichkeiten bekannt machen und die Frauen darin unterstützen sie zu nutzen, können wir effektiv etwas zur Gewaltprävention beitragen und intervenieren.”
Diesen und weitere Berichte finden Sie in der neuesten Ausgabe unserer Hauszeitung, die hier zum Download bereit steht: