Unvergessen sind die Demonstrationen, die Brasilien unlängst aufrüttelten. Zu hunderttausenden gingen Brasilianerinnen und Brasilianer auf die Strasse. Preiserhöhungen im öffentlichen Verkehr hatten den Protest ausgelöst. Den Demonstrierenden ging es aber um viel mehr, wie ein Kommentar unseres Mitarbeiters und Nationalen Koordinators in Brasilien, Alexandre Menezes, aufzeigt.
Die Welle von Demonstrationen hat in Brasilien alle überrascht, von den Politikern, über Regierung und Polizei, bis hin zu den Gewerkschaften und den Nichtregierungsorganisationen. Nicht einmal die jugendliche Studentenschaft, die die Proteste anstiess, hatte sich das Ausmass der Proteste vorstellen können. Praktisch in allen grösseren Städten wurde demonstriert. Neben den Forderungen zum öffentlichen Verkehr, brachten auch die Mängel im Gesundheits- und Bildungswesen, sowie die Korruption die Protestierenden auf die Barrikaden.
Soziale Leistungen statt überteuerte Bauten
Die Menschen sind unzufrieden, denn zwischen den Bedürfnissen der Bevölkerung und den politischen Entscheidungen gibt es kaum Übereinstimmungen. Die politische Klasse scheint unfähig zu sein, die öffentlichen Interessen vor die ökonomischen zu stellen. Die Tatsache dass Brasilien Austragungsort der Fussball WM 2014 ist, akzentuiert die bestehenden Widersprüche bei den öffentlichen Investitionen noch. Dem Bau überteuerter Fussballstadien und Bauten für die WM wird Priorität eingeräumt – indes zum Nachteil der Bevölkerung und ihres Zugangs zu ihren elementaren Grundrechten. So war während der Proteste auf vielen Bannern zu lesen: “FIFA: WIR WOLLEN WOHNEN, GESUNDHEIT UND BILDUNG”.
Triebkraft der Jugend
Brasilien wird oft als aufsteigende Wirtschaftsmacht und gutes Beispiel für die Überwindung von Armut und sozialer Ungerechtigkeiten dargestellt. Die Manifestationen zeigen hingegen das reale Bild Brasiliens. Sie zeigen, dass die Erhöhung des Volkseinkommens der Bevölkerung keine nachhaltig verbesserten Lebensbedingungen bringen, wenn nicht zugleich die Grundrechte erfüllt werden. Und sie zeigen, wie wichtig die Jugendlichen sind. Sie sind die treibende Kraft für Veränderungen. An den Manifestationen präsentierte sich eine gestärkte Jugend, die sich als aktives Element der Gesellschaft mit grosser Mobilisierungskraft legitimiert und die das wahre öffentliche Interesse geltend macht. Mit dieser Jugend ist die ganze Gesellschaft aufgewacht: Der Riese Brasilien ist aufgestanden und auf die Strasse gegangen.
Auftrieb für Jugendpartizipation
Der Auftrieb dieses Moments ist auch in den von terre des hommes schweiz unterstützen Projekten zu spüren. Die Empathie der Jugendlichen für die Proteste hat dazu geführt, dass sich mehr Jugendliche für die Aktivitäten in den Projekten interessieren. Jugendpartizipation – ein Schwerpunktthema von terre des hommes schweiz – und Aktivitäten zur Einflussnahme auf die Jugendpolitik gewinnen in den Projekten an Gewicht. So leistet terre des hommes schweiz in Brasilien mit der Unterstützung dieser Projekte einen konkreten Beitrag zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, hin zu mehr Rechten und sozialer Gerechtigkeit.