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imagine-Bühne in der Nacht von oben mit Publikum

«Es braucht Gegensteuer zu Ausgrenzung und Radikalismus»

Roger Gafner: «Das imagine Festival war von Anfang an Kultur und Information ohne moralischen Zeigefinger.»

imagine – das ist nicht nur ein Festival für mehr Toleranz, das jedes Jahr im Juni tolle musikalische Acts nach Basel bringt. Roger Gafner von terre des hommes schweiz stellt das Projekt von Jugendlichen für Jugendliche vor, seit bald 20 Jahren ein Kreativlabor für das Miteinander in unserer Gesellschaft.

terre des hommes schweiz: Roger Gafner, Du koordinierst das Jugendprojekt imagine bei terre des hommes schweiz. Was ist imagine?

Roger Gafner: imagine ist die Symbiose von Sensibilisierungsarbeit unter dem Motto «Für Vielfalt – Gegen Diskriminierung» mit der Jugendkultur als Vehikel. Das imagine Festival im Juni ist das Aushängeschild von imagine und jener Höhepunkt im Jahr, bei dem die Motivation nochmals in die Höhe schnellt.

Treten am imagine Festival «politische» Bands auf?
Manche Acts passen von ihren Texten her zum Festival. So gab es zum Beispiel bei der Festivalausgabe 2018 einen grossen Anteil Frauenbands und Künstlerinnen. Auch Newcomer sollen am Festival eine Plattform erhalten. Dabei hat sich imagine als Trendsetter erwiesen: So manche Newcomer-Band ist nach ihrem Erstauftritt in der Schweiz am imagine Festival durchgestartet.

Welches war Dein erster Kontakt mit imagine?
Ich lernte das imagine Festival mit gut 22 Jahren als Zuschauer kennen. Ein paar Jahre später stand ich selber als Tänzer der HipHop-Gruppe uni-t auf der Festivalbühne auf dem Barfüsserplatz.

Wusstest Du damals, dass imagine nicht nur ein Musikfestival von Jugendlichen für Jugendliche ist, sondern auch zum Beispiel Workshops in Schulen oder Diskussionstreffen durchführt?
Ich wusste, dass imagine mit der Arbeit von terre des hommes schweiz zu tun hatte. Aber in dem Alter stand für mich der Zusammenhang vom Festival zum Thema weniger im Vordergrund, sondern mich interessierten primär der Event und das Zusammensein mit Kollegen. Das imagine Festival war von Anfang an Kultur und Information ohne moralischen Zeigefinger. Die Message lautete: Wir stehen ein für Multikulturalität und gegen Rassismus.

Portrait von Roger Gafner
Roger Gafner hat eine Ausbildung als soziokultureller Animator und arbeitet seit anderthalb Jahren als Projektkoordinator im Inlandprogramm von terre des hommes schweiz. Davor war er während zehn Jahren in der Jugendarbeit engagiert, unter anderem als Freiwilliger beim Jugendkulturfestival in Basel. Gemeinsam mit Jugendlichen hat er den «Leimbeat» Jugendband-Contest in Oberwil BL ins Leben gerufen. Daneben tanzte Roger Gafner während vielen Jahren HipHop und Contemporary, arbeitete für das Tanzbüro Basel und organisierte eine Ausgabe des Tanzfest Basel mit.

Ist es nicht schwierig, mit einem Festival gegen Rassismus die Massen mobilisieren zu wollen?
Wieso denn? Die Hetze gegen Menschen, die nicht der vermeintlichen Norm entsprechen, findet nach wie vor statt und dagegen müssen wir uns mit friedlichen Mitteln wehren. Es braucht klare Gegensteuer zu jeglicher Form von Ausgrenzung und Radikalismus. Der imagine Slogan «Für Vielfalt – Gegen Diskriminierung» gefällt mir gut. Er ist offen, inklusiv und positiv.

Wie hat sich das Jugendprojekt in den vergangenen knapp 20 Jahren entwickelt?
Es ist sicher keine lineare Entwicklung. Es existiert kein roter Faden, sondern das Projekt steht und fällt mit den Jugendlichen, die es voranbringen. imagine ist seismografisch, up and down. imagine ist am Puls der Zeit und schafft immer wieder neue Impulse.

Was das Festival betrifft, so ist es sicher «erwachsener» geworden. Heute kommt es höchst professionell daher und ist business-mässig aufgestellt. Die Projektkoordinatorinnen und -koordinatoren arbeiten das ganze Jahr über an der nächsten Festivalausgabe. Sie wissen, wie man ein Grossprojekt plant und umsetzt. Die internen Abläufe sind eingespielt und es gibt ein grosses Know-how im Eventmanagment. Bei imagine kannst du dein Talent einbringen. Die Jugendlichen sind ganz anders parat als vor 20 Jahren.

Inwiefern sind sie anders parat?
Die Leute bei imagine sind beruflich ambitioniert und sie bringen schon viel Erfahrung und Expertise mit. Viele Jugendliche machen sich schon früh Gedanken zu ihrer beruflichen Zukunft. imagine kann eine Station auf ihrem Weg sein. Im Idealfall kannst du auf der einen Seite viel einbringen und auf der anderen Seite viel profitieren von imagine. Das ist auch das übergeordnete Ziel des imagine Projekts, die Jugendlichen zu stärken auf ihrem Weg und für ihr Engagement in der Gesellschaft.

Es sind aber nicht alle Jugendlichen gleich zielstrebig. Ist imagine ein Hort für Sprösslinge von akademischen, bildungsaffinen Haushalten?
Es ist schon so: Die Kerngruppe von imagine besteht in der Tendenz mehrheitlich aus Studierenden. Ausschlaggebend ist jedoch nicht der soziale Hintergrund der Jugendlichen, sondern der Zeitfaktor: Wer eine Lehre oder Berufsbildung macht oder arbeitet und daneben noch eine Weiterbildung absolviert, ist ausgebucht. Wer hingegen ans Gymi geht oder studiert, kann sich seine Zeit etwas flexibler einteilen. Die imagine Gruppe diskutiert immer wieder, wie sie sich öffnen kann und wir führen immer wieder Workshops an der Gewerbeschule durch, die auf Interesse stossen. Aber eben: Es braucht Zeit für die Mitwirkung bei imagine, auch wenn die meisten Sitzungen am Wochenende und unter der Woche am Abend stattfinden.

Was ist das Spezielle an imagine?
Zum Beispiel: Wer mitmacht, gehört einfach dazu. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, Teil eines grösseren Ganzen zu sein und mit einer Offenheit an einem Ort aufgenommen zu werden, der ohne starre Strukturen auskommt. Dieser einzigartige Spirit von imagine hat sich über all die Jahre gehalten: Alle können sich einbringen und einen Beitrag an dieses Ganze leisten. Niemand wird ausgeschlossen.

Zuletzt: Wie muss man sich die Zusammenarbeit zwischen imagine und terre des hommes schweiz vorstellen?
Das ist eine interessante Frage. Der Ansatz von terre des hommes schweiz ist Jugendpartizipation. Die Leute von imagine machen ihre Arbeit sehr selbständig, ich bin das Bindeglied zur Organisation. Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder gemeinsam überlegen, wie wir unsere Zusammenarbeit gestalten wollen. terre des hommes schweiz könnte sicher noch viel mehr von der Innovationskraft des imagine Projekts profitieren.

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