Fast ein Drittel aller Frauen in Entwicklungsländern bekommt ihr erstes Kind im Alter von 19 Jahren oder jünger. Dies besagt die aktuelle Studie «Motherhood in Childhood», die der Bevölkerungs-fonds der Vereinten Nationen (UNFPA) im Juni 2022 veröffentlicht hat.
Schwangerschaft und Entbindung in jugendlichem Alter können schwerwiegende gesundheitliche Folgen für junge Mütter und ihre Babys haben. In Simbabwe sind Früh- und Teenageschwangerschaften für rund 30 Prozent der Todesfälle bei Müttern verantwortlich, so der Fonds UNFPA Simbabwe. Frühe Schwangerschaften wirken sich auch negativ auf die Bildung der Mädchen und die Sicherstellung deren Existenzgrundlagen aus. Untersuchungen zeigen, dass es unterschiedliche Gründe für die hohe Zahl an Teenageschwangerschaften gibt: frühe erste sexuelle Erfahrungen, Kindesmissbrauch sowie ein erschwerter Zugang zu Verhütungsmitteln. Auch wenn das neue Bildungsgesetz aus dem Jahr 2020 schwangeren Mädchen nach wie vor den Schulbesuch erlaubt, ist die Umsetzung des Gesetzes eine Herausforderung.
Frauen aus der Abhängigkeit befreien
Eine weitere Ursache für Teenageschwangerschaften ist die Frühverheiratung: Laut UNFPA Simbabwe sind 19 Prozent der Teenageschwangerschaften im Land darauf zurückzuführen. Zudem haben die vorherrschende wirtschaftliche Situation im Land und die wachsende Armut die Rate der Teenageschwangerschaften erheblich in die Höhe getrieben. Aufgrund der prekären Wirtschaftssituation und mangelnder Aufklärung gehen jugendliche Frauen häufig auf Geschlechtsverkehr mit älteren Männern ein, um zu überleben. Aufgrund des Machtgefälles können sich die heranwachsen-den Mädchen und jungen Frauen kaum für Safer Sex aussprechen.
terre des hommes schweiz und seine Partner*innen arbeiten seit 2012 in Simbabwe. Es zeigt sich, dass die Arbeit mit Jugendlichen und die Sensibilisierung des sozialen und gesellschaftlichen Umfelds ihre Wirkung zeigen, wenn es darum geht, die hohen Raten von Teenageschwangerschaften zu reduzieren. Praktische Erfahrungen vor Ort sowie wissenschaftliche Erkennt-nisse zeigen klar: Eine nachhaltige positive Veränderung des Gesundheitsverhaltens ist das Ergebnis aufeinander abgestimmter und gleichzeitiger Sensibilisierung mit Jugendlichen und ihrem Umfeld. Es ist wichtig, die Jugendlichen selbst, ihre Familien, die Gemeinden und die wichtigsten organisatorischen und politischen Ebenen zu erreichen.
Mit Jugendlichen für Jugendliche
terre des hommes schweiz fokussiert sich auf Jugendliche und ihre Partizipation. Eine Beteiligung der jungen Menschen im öffentlichen Raum ist aber nur möglich, wenn sie Selbstvertrauen erlangen, sich zu äussern und die Möglichkeit dazu erhalten. Daher ist das Ziel, die Partnerorganisationen und ihre Jugendleiter*innen in alle strategischen Diskussionen und Prozesse einzubeziehen. Sandra Chiomvu, eine Jugendbetreuerin unserer Partnerorganisation CBO Million Memory Project Zimbabwe (MMPZ), wird nicht müde zu betonen: «Nichts für die Jugendlichen ohne die Jugendlichen!».
In Zusammenarbeit mit der simbabwischen Organisation Katswe Sistahood fördert terre des hommes schweiz die Lobbyarbeit in Simbabwe. So werden interessierten Jugendlichen die Grund-lagen aufgezeigt, die ihnen zugutekommen, wenn sie sich selbst öffentlich an der Gestaltung der Politik im Land beteiligen möchten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Katswe Sistahood hat gemeinsam mit Jugendlichen ein Grundsatzpapier über Teenageschwangerschaften sowie ein Handbuch darüber erarbeitet, wie sich Jugendliche im Parlament einbringen können. Es fanden bereits Treffen mit Parlamentsmitgliedern statt, bei denen junge Menschen und alle Partnerorganisationen mit den politischen Entscheidungsträger*innen in Kontakt traten. Ferner wurde eine Petition an das Parlament gerichtet, die verlangt, dass wichtige Gesetze in Bezug auf Teenageschwangerschaften überarbeitet werden. Die Petition wurde inzwischen anerkannt und unsere Partnerorganisationen haben die Möglichkeit, mit Schlüsselparlamentarier*innen zu sprechen. Die Lobbyarbeit hat also nach nur einem Jahr bereits beachtliche Ergebnisse gezeigt und der Einsatz von Jugendlichen für Jugendliche in Simbabwe scheint auf Akzeptanz zu stossen. Die Erkenntnisse, die terre des hommes schweiz in Simbabwe macht, können künftig auch in die Arbeit der Partnerorganisationen in anderen Projektländern einfliessen. Denn nur, wenn eine breite Öffentlichkeit die Bedeutung der Arbeit von NGOs versteht, stossen Strategien von Diffamierung und Delegitimierung ins Leere.
Sexuelle und reproduktive Gesundheit
terre des hommes schweiz macht sich zusammen mit lokalen Partnerorganisationen in Tansania, Südafrika und Simbabwe für Jugendliche, deren Gesundheit und sexuelle Rechte stark. Das sind unsere Ziele: Zugang zu umfassender und jugendfreundlicher medizinischer Versorgung (Verhütung, Information, Beratung), Prävention und Behandlung von sexuell übertragbaren Krankheiten (im Speziellen HIV), Reduktion von Frühschwangerschaften, Aufklärung und Stärkung der Jugendlichen in ihrem Recht, ihre Sexualität frei von Gewalt, Diskriminierung und Zwang leben zu können
Autor: Hafid Derbal, Programmkoordination Simbabwe und Südafrika, Themenverantwortung sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte