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In den ärmsten Vierteln haben die Menschen kaum eine Chance, sich gegen das Virus zu schützen.

Kaum Schutz für die Ärmsten

In unseren Projektländern Südafrika, Simbabwe und Brasilien ist das Coronavirus längst angekommen. Auch in den Köpfen der Machthaber, die die Gefahr lange ignorierten. Jetzt wären entschiedene und durchgreifende Massnahmen wichtig, um das Schlimmste zu verhindern. Denn dazu sind die Gesundheitssysteme nicht in der Lage, wenn das Virus erst richtig ausbricht.  Die ärmste Bevölkerungsschicht kann sich kaum gegen die Gefahr schützen. Unsere Partnerorganisationen suchen nun nach Wegen, um die Jugendlichen zu unterstützen.

Während in Übersee bereits Tausende Menschen an Covid-19 starben und auch im eigenen Land die ersten Todesfälle zu beklagen waren, sprach der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro noch von einer «kleinen Grippe». Alles sei bloss Hysterie und ein mediales Manöver, um ihn loszuwerden. Trotz direktem Kontakt mit nachweislich Infizierten badete er in der Menge seiner Fans, liess Selfies machen und verteilte Umarmungen. Nun tritt auch er mit einer Schutzmaske vor die Medien.

Es waren die brasilianischen Gouverneure und die Bürgermeister, die die ersten Massnahmen ergriffen: Für die 40 Millionen Einwohner der Provinz São Paulo wurde eine Ausgangssperre verhängt und in Rio de Janeiro die Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Erst seit Montag wurde auch die letzte Grenze zu Uruguay geschlossen. Die Krankheit hat die Landesgrenze aber längst überschritten: Mittlerweile sind bereits über 2200 Covid-19-Fälle registriert, 47 Menschen sind daran gestorben.

Gesundheit nur für Reiche
Auf der anderen Seite des Atlantiks hat Südafrika drastische Massnahmen ergriffen. Nicht nur gilt eine Sperre für Einreisende aus Krisenländern, ab dem 26. März gilt eine dreiwöchige und landesweite Ausgangssperre. Mittlerweile sind 709 Covid-19-Fälle registriert, die Dunkelziffer dürfte aber deutlich höher sein.

In Brasilien wie Südafrika sind die Gesundheitssysteme nicht für einen Corona-Ausbruch gewappnet. Zwar gibt es die nötigen Gerätschaften und Infrastruktur, berichten die Koordinatoren von terre des hommes schweiz für die beiden Länder, aber in viel zu kleiner Zahl. «Es werden wohl nur die reicheren Gesellschaftsschichten versorgt werden, die ärmeren haben keine Chance», sagt Annette Mokler, Programmkoordinatorin für Brasilien. Die Bolsonaro-Regierung habe nach Amtsantritt alle Investitionen in das öffentliche Gesundheitssystem eingefroren. «Es wird damit kaputtgespart. Die Regierung setzt stattdessen auf private Kliniken.» Für ärmere Bevölkerungsschichten sind diese Dienste unerschwinglich.

Noch schlimmer ist die Lage in Simbabwe. Dort fehlt es in den öffentlichen Spitälern an der einfachsten Infrastruktur. «Es gibt auch im Normalzustand zu wenig medizinische Ausrüstung und Pflegepersonal», berichtet Tayson Mudarikiri, Koordinator für Simbabwe und Südafrika. «Das Land ist nicht im Ansatz auf eine Pandemie vorbereitet.»

Hygiene-Empfehlung nicht machbar
Grösste Sorge macht in den meisten Ländern Afrikas und Lateinamerikas die Situation der ärmsten Bevölkerungsgruppen. In Brasilien ist das Virus bereits in den dicht besiedelten Favelas Sao Paulos und Rio de Janeiros angekommen. Dort leben Menschen zu sechst oder mehr in einer kleinen Hütte, ohne fliessendes Wasser. Home Office, Social Distancing oder auch nur einfaches häufiges Händewaschen sind in den ärmeren Bevölkerungsschichten nicht umsetzbar. Da helfen auch die 40 Tanklastwagen nicht viel, die die Wasserversorgung Rio de Janeiros in die Favelas schickt: In diesen Gebieten leben 1.5 Millionen Menschen.

Was in Brasilien die Favelas sind, sind in Südafrika und Simbabwe die Townships. «Aber selbst in den mittelständischen Wohngebieten Simbabwes fällt die Wasserversorgung zuweilen für Monate aus», sagt Tayson Mudarikiri. «In den ärmeren Vierteln kommt seit Jahren kein Wasser aus dem Hahn.» Desinfektionsmittel sei für die meisten Menschen nicht erschwinglich, denn «viele haben Mühe, sich schon nur Nahrungsmittel oder öffentliche Transportmittel zu leisten», beschreibt Tayson Mudarikiri die Lage. So können sich die Ärmsten kaum gegen das Virus schützen.

Kreative Lösungen gefragt
Das Gesamtbild über die Lage in unseren Projektländern ist noch am Entstehen. «Wir sind im ständigen Kontakt mit unseren Koordinationsbüros und mit den lokalen Partnerorganisationen», sagt Gabriela Wichser, Leiterin Programme und Mitglied der Geschäftsleitung. Dabei müssen Mitarbeiter und Partner auch eigene Informationen beschaffen. «Wir können uns leider nicht nur auf offizielle Informationen der Regierungen jener Länder verlassen.»

Die Partnerorganisationen in Südafrika, Simbabwe und Brasilien müssen sich in der neuen Situation noch orientieren. Es sind viele Fragen offen, zum Beispiel ob und in welcher Form die Aktivitäten mit den Jugendlichen weitergeführt werden können. Dass die Büros grösstenteils geschlossen und auf Home Office umgestellt wurden, macht diese Aufgabe zurzeit nicht einfacher. «Unsere Partner in Südafrika und Simbabwe halten jetzt nach Möglichkeiten Ausschau, wie sie zur Covid-19-Prävention beitragen können», so Tayson Mudarikiri.

Im Nordosten Brasiliens suchen die Partnerorganisationen nach kreativen Lösungen für die jugendlichen Bauern aus ihren Projekten. Noch ist das Virus dort nicht angekommen. Sollten die Wochenmärkte aber geschlossen werden, entfällt ihre Haupteinnahmequellen. Erspartes oder soziale Netze, um die Ausfälle zu überbrücken, haben die Jugendlichen nicht. «Unsere Partnerorganisationen überlegen nun mit den Bauern, ob es eine Alternative zu den Märkten gibt», sagt Annette Mokler, «Zum Beispiel mit von Tür zu Tür-Lieferungen.» Noch sei die Lösung nicht gefunden.

Von Tag zu Tag steigen die Fallzahlen, weitet sich die Krise aus und täglich treten neue Schutzmassnahmen in Kraft. terre des hommes schweiz und ihre Partnerorganisationen setzen alles daran, die Jugendlichen und ihr Umfeld zu unterstützen. Gerade für die Ärmsten droht aber grosse Gefahr: Sie können sich kaum gegen das Coronavirus schützen, können sich keine Gesundheitsversorgung leisten und für die Regierungen haben die Menschen in den Armenvierteln meist keine Priorität.

 

terre des hommes schweiz hat einen Fonds eingerichtet, um in den Projektländern schnelle Hilfe zu leisten. Helfen Sie, Seife, Wasser und Informationen in die ärmsten Regionen zu bringen, damit sich die Menschen dort schützen können. Wir bedanken uns für Ihre Spende! 

 

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