fbpx
Suche
tortendiagramm sicherheit (1)

Kurzsichtige Kürzungen

Die Schweizer Politik verliert den Blick für die globalen Herausforderungen

Die internationale Zusammenarbeit ist angesichts der vielfachen Krisen, Klimawandel, eskalierende bewaffnete Konflikte sowie weltweiter anti-demokratischer Tendenzen und Polarisierung wichtiger denn je. Es ist alarmierend, wie leichtfertig das Schweizer Parlament die Gelder für diesen zentralen Pfeiler der Aussenpolitik massiv kürzen will, um das Armeebudget zu erhöhen. In der Wintersession entscheidet das Parlament über die Strategie der internationalen Zusammenarbeit und das Budget 2025. 

Die bürgerlichen Mehrheiten im Parlament fordern, in den nächsten vier Jahren die Militärausgaben der Schweiz um vier Milliarden zu erhöhen. Weil sie jedoch gleichzeitig auf die strikte Einhaltung der Schuldenbremse pocht, ist eine drastische Reduzierung anderer Staatsausgaben erforderlich. Der Nationalrat hat Mitte September 2024 entschieden, dass er die Erhöhung des Armeebudgets zu Teilen aus dem Budget für die internationale Zusammenarbeit (IZA) finanzieren will. Es gibt mehrere Vorschläge Gelder bei der Entwicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe und der Friedensförderung zu streichen. Diese Vorschläge beruhen auf einer sehr verengten Perspektive auf Sicherheitspolitik, die vor allem militärische Aufrüstung im Rahmen der Landesverteidigung fokussiert.  

Wir können globale Krisen nicht alleine lösen

Globale Krisen lassen sich nicht durch Panzer und Kanonen an den Grenzen abhalten, sondern erfordern massive Investitionen in Prävention und internationale Zusammenarbeit. Pandemien, Kriege und Klimaveränderungen verschärfen den weltweiten Hunger und treiben die Landflucht voran. Die Klimakrise verschärft Konflikte, destabilisiert ganze Gesellschaften und beeinträchtigt Frieden und Stabilität. Die aktuelle parlamentarische Debatte wird der Komplexität der Herausforderungen in einer globalisierten Welt nicht gerecht. Die geplanten Mittelverschiebungen setzen den positiven und stabilisierenden Einfluss der Schweiz in der Welt aufs Spiel. Sie droht ihre wichtige Rolle als verlässliche Partnerin, als Vermittlerin und humanitäre Akteurin zu verlieren. Angesichts der Tragweite der geplanten Budget-Kürzungen, ist eine vertiefte und transparente Debatte zu nachhaltiger Sicherheitspolitik dringend geboten.  

Reale Gefahren anerkennen

In einer solchen Debatte müssen nüchterne Bedrohungsanalysen in die politische Entscheidungsfindung im Vordergrund stehen. So kommt das Staatssekretariat für Sicherheitspolitik etwa zum Schluss: «Eine direkte militärische Bedrohung durch einen Angriff auf die Schweiz zu Land oder aus der Luft ist kurz- und mittelfristig unwahrscheinlich.» Die Risiken des Klimawandels sind hingegen weitaus wahrscheinlicher und ihr Schadenspotential immens, wie die jüngsten Flutkatastrophen auch hierzulande schmerzhaft vor Augen führten. Diese realen Gefahren erfordern dringend politische Aufmerksamkeit und entschlossene Massnahmen. 

Ganzheitliches Verständnis

Umsichtige Sicherheitspolitik beschränkt sich nicht nur auf vermeintliche militärische Bedrohungsszenarien, sondern fokussiert auf Prävention und die Analyse von Ursachen von Risiken. Wer Sicherheitspolitik ganzheitlich denkt, anerkennt auch die Wichtigkeit verschiedener Akteur*innen. Gerade die Entwicklungszusammenarbeit leistet einen wesentlichen Beitrag zur Krisenprävention. Sie bildet ein Kernstück nachhaltiger Sicherheitspolitik, handelt präventiv und stärkt die Resilienz von Gesellschaften. Lesen Sie auch hier: Sicherheit weltweit ermöglichen | terre des hommes schweiz 

Parlament und Bevölkerung

Der Rückhalt in der Bevölkerung für die humanitäre Tradition der Schweiz ist unverändert hoch. Dies zeigt die repräsentative Meinungsumfrage der ETH zur globalen Zusammenarbeit von 2023: 58 % der Befragten befürworten eine Erhöhung der Schweizer Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit, während nur 26 % eine Erhöhung  der Militärausgaben unterstützen. Laut der ETH-Studie «Sicherheit 2023» wünschen sich 78 % der befragten 18-35-jährigen, dass die Schweiz mehr Entwicklungszusammenarbeit leistet. Das zeigt: Die jüngsten Vorstösse im Parlament politisieren komplett an der Bevölkerung vorbei.  

Das Votum des Nationalrats von September, das den humanitären Werten der Schweiz widerspricht, ist ein Weckruf. Die Zivilgesellschaft ist nun gefordert, zu einer ganzheitlichen Debatte über die Sicherheitspolitik der Schweiz und die Rolle der Entwicklungszusammenarbeit beizutragen. Es ist Zeit, von überholten Reflexen des Wettrüstens abzurücken und Lösungen zu suchen, die den komplexen Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden.  


Jetzt Alarm schlagen

Helfen Sie den drohenden Kahlschlag in der Entwicklungszusammenarbeit stoppen!

Nach oben blättern