Das rechtliche Konzept der traditionellen Völker in Brasilien gibt es erst seit 2007. So hat seither die Zahl selbstdeklarierten traditionellen Völker schlagartig zugenommen. Mit dieser Zunahme werden ungeklärte Fragen dringlicher: Wann gilt eine Gruppe als traditionelles Volk oder Gemeinschaft und wer definiert das? Diese Fragen sind Gegenstand der diesjährigen Tagung “Runder Tisch Brasilien 2015” Ende November.
Die KautschukzapferInnen im Bundesstaat Acre, Brasilien, waren Ende der 1970er Jahre die ersten traditionellen Gemeinschaften, die sich gegen die Zerstörung ihrer Territorien artikulierten. Die Ermordung von Chico Mendes lenkte die nationale und internationale Aufmerksamkeit auf diese Gruppe. Das Neue an dieser Gegenwehr war, dass neben den Indigenen erstmals eine andere Gruppe kein individuelles Land durch eine Agrarreform forderte, sondern ein kollektives Territorium zur nachhaltigen Bewirtschaftung.
Forderung nach kollektiven Territorien zur nachhaltigen Bewirtschaftung
Heute gibt es zahlreiche Gruppen, die sich als traditionelles Volk oder Gemeinschaft selbstidentifizieren. Durch einen Präsidialerlass wurde 2007 ein rechtlicher Rahmen geschaffen, der die in der Verfassung geregelten Rechte der Indigenen und Quilombolas ergänzt. Die Forderung nach kollektiven Territorien zur nachhaltigen Bewirtschaftung bleibt eine ihrer zentralen Forderungen. Das Konzept der Traditionellen Völker und Gemeinschaften ist somit relativ neu auf der politischen Landkarte. Viele sie betreffende wissenschaftliche, juristische und politische Fragen befinden sich noch in einem offenen Diskussionsprozess.
Viele offene Fragen
Wann gilt eine Gruppe als traditionelles Volk oder Gemeinschaft? Wer definiert das? Wollen junge Menschen in den Gemeinschaften bleiben? Gibt es sie auch in den Städten? Ist das Konzept auf Europa/Deutschland übertragbar? Diesen Fragen soll gemeinsam mit Gästen aus Brasilien und Deutschland auf der Fachtagung nachgegangen werden. Neben fachlichen Impulsen gibt es Gelegenheit für Diskussion, Vernetzung und Austausch. Die Tagung findet zweisprachig statt und wird simultan übersetzt. Ein Markt der Möglichkeiten bietet Raum für eigene Angebote der TeilnehmerInnen.
Die Anmeldefrist dauert bis 13. November 2015.