Nicaragua verzeichnet eine der höchsten Teenageschwangerschaftsraten weltweit. Auch Gewalt gegen Mädchen und Frauen gehört zur Tagesordnung. Mit unserer Arbeit tragen wir dazu bei, die ganzheitliche Entwicklung von Jugendlichen zu fördern, ihr Recht auf ein gewaltfreies Leben zu stärken und die Ausübung einer sicheren und selbstbestimmten Sexualität zu unterstützen.
Idania Yaritza Benavidez Zeledon ist ein aufgewecktes 12-jähriges Mädchen aus der Gemeinde San Pedro im Bezirk Esteli. Idania, ihr kleiner Bruder und ihre Mutter leben mit ihren Grosseltern, ihrem Onkel und ihren Cousins zusammen. Insgesamt leben neun Personen unter einem Dach. Idanias Eltern haben sich erst kürzlich getrennt. Das Verhältnis zum Vater ist belastet, geprägt von häuslicher Gewalt. Idania erzählt: «Er schlug meine Mutter, wenn er zu viel getrunken hat. Ich habe mir immer gewünscht, dass sie besser miteinander auskommen. Eigentlich liebe ich meinen Vater sehr, aber im Moment reden wir nicht viel miteinander. Er wird schnell wütend.»
Gewalt gegen Mädchen und Frauen
In Nicaragua ist geschlechtsspezifische Gewalt aufgrund der vorherrschenden Machista-Kultur tief verwurzelt. Idania fühlt sich in ihrer Gemeinde oft unsicher, berichtet von Belästigungen auf der Strasse und kennt einige Mädchen, die früh schwanger geworden sind, entweder durch Gewalt oder mangelndes Wissen über Verhütung. Jugendliche haben keinen Zugang zu sicheren Informationen über sexuelle Gesundheit und Rechte. Zu Hause sind diese Themen oft tabu.
Jugendliche und Familie stärken
Erst im Jahr 2022 haben wir mit der Organisation MIRIAM das Projekt in der Gemeinde San Pedro implementiert. Seitdem haben 80 Jugendliche und 20 Familien- und Gemeindemitglieder an unseren Aktivitäten teilgenommen. Ein Schlüsselaspekt unserer Arbeit ist die Vermittlung von Wissen, um Jugendliche vor Teenageschwangerschaften zu schützen und ihre Rechte zu stärken.
Idanias Freundin war von Anfang an dabei. Als Idania mehr von den Aktivitäten im Projekt erfuhr, schloss sie sich auch an. «Am Anfang war ich sehr nervös, weil ich ausser meiner Freundin niemanden kannte. Doch ich fühlte mich schnell gut aufgehoben.» Das Team von MIRIAM sei ihr mit viel Aufmerksamkeit begegnet und habe sie in alle Aktivitäten integriert. «Die Leiter*innen geben mir und den anderen Mädchen das Gefühl, dass wir etwas Besonderes sind, einfach, weil wir so sind, wie wir sind. Dass wir gute Gründe haben, stolz auf uns zu sein. Das hatte mir vorher niemand gesagt.»
Mit Radiosendungen informieren
Besonders begeistert ist Idania vom Kommunikations- und Radiotechnikkurs. Sie produziert mit anderen Jugendlichen Radiosendungen zu Themen wie Gewalt und Teenageschwangerschaften. Idania sagt, dass sie durch den Kurs gelernt habe, sich besser auszudrücken. «Ich bin viel selbstbewusster geworden und schäme mich nicht mehr. Ich habe auch gelernt, dass ich auf mich selbst aufpassen muss und mich von schlechten Menschen fernhalten sollte.» Auch in der Schule läuft es besser. «Ich war früher sehr schüchtern. Heute habe ich keine Angst mehr, mich am Unterricht zu beteiligen. Meine Noten sind auch besser geworden.»
Positive Auswirkungen
Idanias Familie unterstützt ihre Teilnahme am Projekt. Sie hoffen, dass sie dadurch eine bessere Zukunft haben wird. «Sie sagen, ich sei offener geworden. Meine Freund*innen finden es auch gut, dass ich jetzt geselliger bin. Ich teile das, was ich lerne, auch mit ihnen. Ich motiviere sie, damit sie für das kämpfen, was ihnen wichtig ist, damit sie sich entwickeln können, damit sie, wenn sie Träume haben, diese nicht vergessen. Dass wir unsere Träume erreichen können, wenn wir uns darauf konzentrieren.» Sie selbst habe viele Träume: Sie möchte Anwältin werden, um der Gemeinschaft zu helfen, insbesondere Frauen, die unter Gewalt leiden. Aber sie träumt auch davon, einen Schönheitssalon zu eröffnen oder ein eigenes Restaurant zu führen.
Was sie sich wünscht
Zum Schluss sagt Idania, was sie sich von den Menschen wünscht: «Wir könnten bessere Menschen sein. Es bringt doch nichts, wenn man aggressiv und gewalttätig ist. Stattdessen sollte man gütiger und freundlicher sein. Wir müssen verstehen, dass Gewalt nicht gut ist, denn sie schadet der heutigen, aber auch künftigen Generationen. Ich möchte als engagierte, nette und freundliche Person gesehen werden.»