Schweizer Unternehmen haben im Jahr 2022 gestützt auf Bewilligungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) Kriegsmaterial für 955 Millionen Franken in 60 Länder exportiert – das sind 29 Prozent mehr als 2021. Trotz des neuen Kriegsmaterialgesetzes wurde auch Munition nach Brasilien exportiert – trotz angespannter politischer Lage und Menschenrechtsverletzungen.
Die Befürchtungen von terre des hommes schweiz haben sich bestätigt: Weiterhin exportierten Schweizer Unternehmen Munition im Wert von 1,8 Millionen Franken auch nach Brasilien. In keinem anderen Land der Welt werden so viele Menschen bei Polizeieinsätzen getötet wie in Brasilien. Viele der Opfer sind Kinder und Jugendliche aus Armenvierteln (Waffenexport-Studie 2021). Obwohl Menschenrechte klar verletzt werden, machen Schweizer Rüstungsfirmen weiterhin Geschäfte in Brasilien. Daran hat auch das Kriegsmaterialgesetz, das seit Mai 2022 in Kraft ist, nichts geändert.
Die Folgen der Waffenpolitik des Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro, die terre des hommes schweiz seit Jahren kritisch analysiert hat, sind auch nach der Amtsübergabe an Lula da Silva sichtbar. In Bolsonaros Amtszeit wurden mehr als 40 Dekrete veröffentlicht, die den Kauf von Waffen erleichtern. Die Zahl der registrierten Waffen von Zivilisten hat sich mit aktuell 1’300’000 seit 2019 mehr als verdreifacht. Der von Bolsonaro propagierte Pro-Waffen-Diskurs hat autoritäre und antidemokratische Tendenzen salonfähig gemacht. Der über Jahre geschürte Hass eskalierte am 8. Januar 2023 mit dem gewaltsamen Sturm auf das brasilianische Parlament und den Obersten Gerichtshof. Ein Frontalangriff auf die Demokratie.
Ausfuhr-Bewilligungen fragwürdig
Trotz neuer Regierung wird das gesellschaftlich aufgeheizte Klima bleiben, die Polarisierung besteht fort, die rechtliche Aufarbeitung der Gewaltereignisse vom Januar sind eine grosse Herausforderungen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie genau sich die Schweizer Behörden bei der Bewilligung von Waffenexporten Menschenrechtslage und die Risiken von politischer Gewalt analysieren. Das Kriegsmaterialgesetz verbietet Waffenlieferungen an Bürgerkriegsländer und an Länder, die Menschenrechte schwerwiegend oder systematisch verletzen. Die konkrete Umsetzung des Gesetzes in der Bewilligungspraxis lässt viele Fragen offen.